Aufs Urteil in Sachen Markus Wolf darf man gespannt sein
Zur Würdigung von Antifaschisten und Faschisten in der BRD
Den Medien war unlängst folgende Nachricht zu entnehmen: Vor dem
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg führt die Familie von Markus
Wolf den Rechtsstreit gegen die
Aberkennung der DDR-Ehrenpension
für Markus Wolf als Kämpfer gegen den Faschismus nach dessen Tod weiter. Diese Rente
war Markus Wolf vom Bundesversicherungsamt wegen Verstöße gegen
Grundsätze der Menschlichkeit
und Rechtsstaatlichkeit aberkannt
worden.
Dies
lässt die Erinnerung an einen ganz anderen Prozess vor einem Landessozialgericht in der
Bundesrepublik wach werden: an den der Witwe von Reinhard Heydrich, Lina Heydrich, um ihre Witwenpension.
Reinhard
Heydrich war u.a. Leiter der berüchtigten Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942,
bei der die
Ermordung der europäischen
Juden, genannt »Endlösung der Judenfrage«, beschlossen wurde. Die Folge dieses
Beschlusses war
millionenfacher Mord an Juden. Zu dieser
Zeit war Heydrich auch stellvertretender Reichsprotektor für Böhmen und Mähren.
Viele
Morde an tschechischen Widerstandskämpfern gegen den Faschismus gehen auf
das Konto von Heydrich. Tschechische Patrioten verübten am 27. Mai 1942 ein erfolgreiches
Attentat auf den Tyrannen.
Dies hinderte aber Herrn Landessozialgerichtsrat
Waldemar Meinicke-Pusch, einen ehemaligen Nazijuristen, im Jahr 1958 in einem Urteil nicht daran, der Witwe Reinhard Heydrichs ab 1950 nach für ihrem
Ehemann Reinhard Heydrich eine
auskömmliche Pension zuzusprechen (nachzulesen in: »Heydrich - Das Gesicht des Bösen«).
Eine
Heydrich
vergleichbare »Karriere«
hat Markus Wolf allerdings nicht aufzuweisen. Sein Vater, der jüdische Arzt und
Schriftsteller Friedrich
Wolf emigrierte 1933
über die Schweiz und Frankreich in die Sowjetunion. Markus Wolf war
zu dieser Zeit zehn Jahre.
Von 1943 bis 1945 kämpfte er als Mitarbeiter eines Moskauer Senders gegen
den Faschismus. über
viele Jahre war er dann Spionagechef der DDR; solche Chefs soll
es nicht nur im Osten gegeben
haben. Auf das Urteil des Landessozialgerichts
Berlin-Brandenburg darf man gespannt sein.
Dr. Gerhard Baatz, Halle (Saale)
(Quelle: ND vom21. Januar 2008)