Leserfragen in :ND 06.12.2004

Nichts in die Rentenkasse eingezahlt?

Frage:

Oftmals wird behauptet, die DDR‑Bürger hätten nichts in die Rentenkasse eingezahlt. Ich weiß aber dass die Rentenversicherungsbeträge sowie die Beträge der Sozialversicherung und Zusatzversicherung von der BRD übernommen wurden. Wie hoch waren die Beträge, und welche Regelung gab es in der.»Wendezeit«?

Antwort:

Die Behauptung, DDR‑Bürger hätten nichts in die Rentenversicherung eingezahlt, ist ein typisches Argument von Leuten die wenig vom Funktionieren der gesetzlichen Rentenversicherung verstehen. Sie glauben offenbar dass es bei der Rentenversicherung einen großen Topf gibt, in den die versicherten Beschäftigten ihre Beiträge einzahlen, und aus dem dann im Rentenfall ihre Renten gezahlt werden.

Das ist ein großer Irrtum. Die gesetzliche Rentenversicherung funktioniert  auf der Grundlage des so genannten Generationenvertrages. Das bedeutet, dass die heute arbeitende Generation ihre Beiträge zahlt, und mit diesem Geld wird sofort die Rente der heutigen Rentner bezahlt. Die Jungen tun das in der Gewissheit, dass ihre Kinder und Enkel ebenfalls Beiträge entrichten werden, die dann für die Bezahlung ihrer späteren Rente nach dem gleichen System verwendet werden. Es gibt somit in der Rentenversicherung keinen großen Topf sondern es gibt lediglich eine so genannte Schwankungsreserve, die bis vor kurzem den Betrag für eine Monatsrente ausmachen sollte.

Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren diese Reserve erst auf 50 Prozent und jetzt nur noch auf 20 Prozent einer monatlichen Rentenzahlung abgesenkt, weil auf diese Weise ein Anstieg des Beitragssatzes verhindert werden sollte. Die Rentenversicherung lebt heute »von der Hand in den Mund« und hat am Jahresende kaum noch eine Reserve, um bei einem eventuellen Rückgang der Beitragseinnahmen die Renten auszahlen zu können.

Der Generationenvertrag funktionierte in der DDR genau so wie in der BRD. DDR‑Bürger mussten nicht in eine Rentenkasse der BRD einzahlen, um heute rechtmäßige Ansprüche auf ihre Rente zu haben. Das wurde bereits im Einigungsvertrag geregelt, der die in der DDR erworbenen Rentenansprüche und ‑anwartschaften als Grundlage für die Rentenzahlung nach dem Beitritt der DDR anerkannte. Wenn heute Zuschüsse für die noch immer bestehende »Rentenversicherung Ost« notwendig sind, so liegt das nicht zuletzt daran, dass seit 1990 mehr als 1,5 Millionen junge Menschen in die alten Bundesländer abgewandert sind und dort ihre Beiträge zahlen. Diese Beiträge, fehlen natürlich im Osten für die Bezahlung der monatlichen Renten für immer mehr Alte.

 

Prof. Ernst Bienert

Vorstandsmitglied der Gesellschaft für  Bürgerrechte und Menschenwürde (GBM)