Auszug aus der Antwort eines ehem. Referatsleiters der HA IX/11 auf eine unbefriedigende Antwort des Petitionsausschussses:

„… Für den Eingang des oben erwähnten Schreibens bedanke ich mich, bin aber tief enttäuscht über die Art und Weise der Behandlung meines dem Petitionsausschuß ausführlich vorgetragenen Anliegens. Das Schreiben läßt nicht nur mein eigentliches als Petitionsgrund formuliertes Anliegen unbeantwortet - nämlich „...darauf Einfluß zu nehmen, daß die vom BVerfGE geforderte anstehende gesetzliche Neuregelung des AAÜG genutzt wird, um die diskriminierenden Bestimmungen des § 7 AAÜG aufzuheben - sondern geht überhaupt nicht auf meine dazu vorgebrachten ausführlichen Argumente und Begründungen ein. Ich muß leider davon ausgehen, daß meine Petition offenbar gar nicht oder nur flüchtig und nicht vollständig zur Kenntnis genommen worden ist. Es ist enttäuschend und auch frustrierend, zu bemerken, daß sich der Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages einer seit Einführung des Rentenstrafrechtes durch Gleichgültigkeit und Desinteresse wirkende Diskriminierung der Betroffenen seitens politisch daran interessierter Kräfte anzuschließen scheint. In der Nichtachtung berechtigter Anliegen erkenne ich eine subtile Art der Diffamierung und Ungleichbehandlung. Anstatt einer Beantwortung meiner Argumente und Bedenken auf die Mißachtung der Rentenneutralität erhalte ich die Ablichtung einer Stellungnahme zu einer mir unbekannten Petition, deren Anliegen und Argumente ich nicht kenne. Ich ersuche nochmals, sich meiner in der Petition vom 11.10.2004 ausführlich formulierten Angelegenheit unter Berücksichtigung meiner Begründungen anzunehmen. Um mich nicht in unnützen Wiederholungen zu verlieren, beschreibe ich hier lediglich nochmals die Kerngedanken meiner Argumente der bereits übersandten Petition zur rentenrechtlichen Ungleichbehandlung.

1. Ich muß seit Jahren eine grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung im Rentenrecht mit wechselnden Begründungen hinnehmen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfGE) vom 23.06.2004 gehöre ich als ehemaliger Angehöriger des MfS zu jener noch verbleibenden Personengruppe in der Bundesrepublik Deutschland, die von rentenrechtlicher Gleichbehandlung ausgeschlossen wird. Dabei werden Argumente bemüht, die bislang noch gegenüber jenen Rentenbeziehern galten, die bis zur Entscheidung vom 23.04.04 ebenfalls unter das Rentenstrafrecht fielen. Es kann nicht überzeugend erklärt werden, weshalb die „fallbeilartige" Kürzung auf ein Durchschnittseinkommen wohl gegenüber den E 3 -Fällen nicht vertretbar, den MfS -Mitarbeitern aber gegenüber im Sinne der Rentenneutralität rechtens und zumutbar sei. Das BVerfGE stellt aber dazu selbst fest, daß der Gesetzgeber das Grundgesetz verletzt, „... wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen kein Unterschied von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnte." (vergl. BVerfG, 1 BvL 3/98 v. 23.06.2004 Abs. 63) Ein solcher gewichtiger Unterschied zwischen MfS- Angehörigen und den E3-Fällen ist jedoch nicht auszumachen. (Ich hatte niemals einen Jahresverdienst von 31560 Mark) Als ein Hauptargument wird ein angeblich überhöhter Verdienst einer „Selbstprivilegierung" angeführt. Von einer „Selbstprivilegierung" meine Person betreffend, konnte, wie ich meiner Petition vom 11.10.04 nachzuweisen in der Lage bin, niemals die Rede sein.

2. Mir widerfährt weiterhin grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung, in dem ich als ehemaliger Angehöriger des MfS zwecks Rentengleichbehandlung den Nachweis zu erbringen habe, im Vergleich zu den übrigen Beschäftigten kein überhöhtes Einkommen erlangt zu haben. Als diplomierter Jurist in der Funktion eines Referatsleiter zur Untersuchung von Nazi- und Kriegsverbrechen im Dienstgrad Oberstleutnant kann ich auch gegenüber E3-Fällen zum Beispiel keinen überhöhten Verdienst erkennen. Meine spätere Übernahme vom Bundesarchiv Koblenz überzeugt mich, daß meine MfS-Tätigkeit als solche nicht der Grund für eine rentenrechtliche Ungleichbehandlung sein dürfte.

3. Wenn der Nachweis dazu erwartet wird, keine unzumutbare überhöhte Entlohnung erhalten zu haben, so wäre das die Konsequenz, daß die Rentenempfänger des ehemaligen MfS ohne Ausnahme nunmehr die einzige Personengruppe in der Bundesrepublik Deutschland ist, von der eine solche Beweisführung verlangt wird. Das ist insofern fragwürdig, als nun ausgerechnet in der BRD überhöhtes Einkommen, exorbitante Gehälter von oftmals zweifelhafter Herkunft oder unsittlicher Quellen und Formen nicht die Ausnahme sind, von Korruptionen und Schwarzkassen ganz abgesehen. Der Unterschied zwischen den niedrigsten und höchsten Einkommen ist in der BRD um ein mehrfaches größer als es in der DDR sein konnte. Für niemandem bestimmt in der BRD die Einkommenshöhe, Einkommensquelle oder gar eine politisch-moralische Bewertung des Zustandekommens von Einkommen oder die Reputation einer Person oder deren ehemalige Tätigkeit eine Ausnahmeregelung für die Rentenberechung auf eine Durchschnittsrente. Keine ehemaligen belasteten Personen aus der NS-Zeit wurden jemals vom für alle geltenden Rentenrecht ausgeschlossen, keine begangenen Verbrechen oder „staatsnahen" Positionen zum faschistischen Staat beschränken durch Gesetz deren Rentenbezug. Alle sind Nutznießer der Wertneutralität des Rentenrechts. Die absolut einzige Ausnahme sind ehemalige MfS-Angehörige. Daß es sich hierbei um eine politisch motivierte Entscheidung handelt, können keine noch so spitzfindigen Argumente bemänteln. Es sollte vom demokratisch gewählten Bundestag erwartet werden, daß dieses Unrecht erkannt und beseitigt wird.

4. Angeblich überhöhte Einkommen als Argument für eine Kürzung auf die durchschnittliche Rentenhöhe sind nicht überzeugend, weil durch die Beitragsbemessungsgrenze ohnehin für alle Rentner eine gültige Rentenbegrenzung erfolgt.

5. Zu den E3- Fällen wird vom BVerfG erklärt, daß eine rentenrechtliche Anerkennung von hohen Einkommen ohne weitere Nachprüfung nicht versagt werden dürfe. Hingegen wird wegen angenommenen „überhöhtem" Einkommen und nicht ausreichend erfaßten Pro-Kopf- und Durchschnittseinkommen als Ablehnungsgrund für eine Verfassungs-Beschwerde angeführt. Mit Logik ist nicht zu erklären, weshalb berenteten MfS-Angehörigen eine Beweisführungspflicht in Bezug auf deren Verdienst auferlegt wird, die gemäß der Entscheidung des BVerfG bei den E3-Fällen ausdrücklich vernachlässigt werden darf. Es ist aber darüber hinaus blanke Willkür, wenn vom BVerfG aussagekräftige Gutachten über vergleichbare Einkommensverhältnisse von MfS-Angehörigen erwartet werden und die als Bundesbehörde etablierte Birthler-Behörde, die allein über die entsprechenden Gehaltsunterlagen für eine Begutachtung verfügt, untätig ist bzw. sich weigert, Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Nur die Birthler-Behörde ist im Besitz der erforderlichen Gehaltsunterlagen für ehemalige MfS-Mitarbeiter und muß daher angehalten werden, sich kooperativ zu verhalten. Diese bewußte Ignoranz ausdrückende Position der BStU zu einer vom BVerfG den ehemaligen MfS - Mitarbeitern nun einmal, wenn auch unverständlicherweise, auferlegten Beweisführungsmaßnahme für einen gerechten Rentenbezug ist zu rügen.

6. Das BVerfGE beruft sich auf eine Volkskammerentscheidung, Renten für MfS-Mitarbeiter pauschal auf maximal 990.00 Mark zu begrenzen. Dieser Betrag würde aber mindestens 1.28 Rentenpunkte entsprechen und rechtfertigt nicht die spätere willkürliche Kürzung auf 0.7 bzw. nunmehr 1.0 Rentenpunkte…“