Petition eines ehem. Mitarbeiters der ZAIG des MfS
Gesuch zur Beendigung der rentenrechtlichen Ungleichbehandlung der ehemaligen Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) im Verhältnis zu allen anderen Bürgern der DDR sowie zur nachhaltigen Einflußnahme auf das Bundesverwaltungsamt bzw. die Behörde der BStU, die erforderlichen und dort gelagerten Unterlagen zur Nachweisführung rechtserheblicher Tatsachen für die Aufhebung der Rentenungleichbehandlung freizugeben.
Vom 15. Juli 1960 bis 28. Januar 1990 war ich hauptamtlicher Mitarbeiter
des MfS/AfNS, habe in dieser Zeit das Studium als Diplom-Jurist und Diplom-Gesellschaftswissenschaftler
(Politologe) erfolgreich abgeschlossen und 1979 an der Juristischen Hochschule
des MfS promoviert. Mein letzter Dienstgrad im MfS/AfNS war Oberst. Nach meiner
Entlassung aus dem AfNS habe ich in einer Berliner Großbäckerei als „Anlagenfahrer"
begonnen. Zunächst als „Brötchenzähler" - und da ich mich dabei offensichtlich
bewährte - kurze Zeit später als „Teigmacher" und „Backlinienfahrer".
Bedingt durch einen Arbeitsunfall und die damals in der Bäckerei noch außerordentlich
angestrengte körperliche Arbeit, erlitt ich schwere gesundheitliche Schäden,
mit Lähmungen der Hände und Beine sowie im Gefolge einer komplizierten Halswirbeloperation
eine Versteifung dreier Halswirbel. Seit 1994 bin ich Invalidenrentner, erhielt
erst 0,7 dann 1,0 Punkte für meine in den 30 Jahren MfS jährlich erworbenen
Rentenwerte. Ich bin somit von den im Sommer diesen Jahres vom Bundesverfassungsgericht
getroffenen Entscheidungen hinsichtlich der Beibehaltung der Rentenkürzung
für ehem. MfS-Mitarbeiter bei gleichzeitiger Aufhebung der Rentenbeschneidung
für alle anderen DDR-Bürger (sieht man von der anhaltenden unterschiedlichen
Bewertung der Rentenpunkte Ost bzw. West mit ca. 4 Euro Differenz ab) unmittelbar
betroffen. Diese politisch motivierte willkürliche Rentenbeschneidung trifft
mich deshalb doppelt, weil ich durch die Erwerbsunfähigkeit wegen Schwerbehinderung
keine Möglichkeit mehr hatte und habe, mir weitere Rentenpunkte
zu erarbeiten.
Alle Ministerien, Staatsorgane, wirtschaftsleitenden und gesellschaftlichen
Einrichtungen in der DDR arbeiteten gemäß der Verfassung unter Führung der
SED. Inzwischen liegen umfangreiche Dokumentationen vor, in denen anhand unwiderlegbarer
historischer Tatsachen, konkreter Fakten zur realen Bedrohungslage der DDR
unter den Bedingungen des Kalten Krieges und der geltenden Staats- und Rechtsordnung
der DDR eine Fülle von Beweisen und Quellen erbracht werden, daß die Tätigkeit
des MfS - und damit auch meine eigene - den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen
der DDR entsprachen, wie die der anderen Schutz-, Sicherheits- und Rechtspflegeorgane
in der DDR insgesamt, daß das MfS eben kein „sich selbst privilegierender
Bereich" war. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinen
Entscheidungen vom Juni/Juli 2004, nunmehr
für alle DDR-Bürger, auch die staatstragende politische Führung der DDR, die
Beitragsbemessungsgrenze als Rentenmaßstab anzuerkennen, dem Gesetzgeber dem
Grundgesetz gemäße Vorgaben zur Rechtsanpassung gemacht, aber zugleich entgegen
dem Gleichheitsgrundsatz entschieden, die Ungleichbehandlung der ehemaligen
Angehörigen des MfS sei „rechtens".
Welche politisch-rechtlichen Kapriolen u. a. damit „rechtens" sind:
Die Angehörigen des Personenschutzes (PS) des MfS haben
nicht nur die Hoheitsträger der DDR, sondern auch die der BRD während ihrer
Aufenthalte in der DDR geschützt. Einige ehemalige PS'ler wurden auf Grund
ihrer hohen fachlichen Qualifikation sogar nach der „Wende" in staatliche
und private Sicherheitsdienste der Neu-BRD übernommen – andere dagegen erhalten
Strafrente. Die Regierungsvertreter der DDR auf den Verhandlungsebenen und
in den Kommissionen zum grenzüberschreitenden Verkehr zwischen der DDR und
der BRD bzw. Westberlins haben gemeinsam mit ihren BRD-Verhandlungspartnern
verbindliche vertragliche Festlegungen getroffen. Diejenigen, die diese getreu
nach Geist und Buchstaben ohne Wenn und Aber durchzusetzen hatten, erhalten
jetzt „zur Strafe" Rentenkürzung. Angehörige der Terrorabwehr des MfS
haben zentrale sicherheitspolitische Vorgaben umgesetzt und mit der Neutralisierung
von Mitgliedern der RAF sowie durch erfolgreiche Aktionen gegen den internationalen
Terrorismus - wie selbst BRD-Experten mehrfach öffentlich bekundeten - nicht
unwesentlich zur Verbesserung der Sicherheitslage der Bundesrepublik und anderer
Staaten in Mitteleuropa beigetragen. Sie bekommen nicht das Bundesverdienstkreuz,
sondern strafprozessuale Ermittlungsverfahren, Strafverfahren sowie Strafrente.
Derartige Beispiele ließen sich fortsetzen. Selbst bei aller Gegnerschaft
zur DDR, muß diese widersprüchliche, inkonsequente und ungerechte Entscheidung
doch bei jedem - nicht nur bei den mit der Materie vertrauten Menschen - Kopfschütteln
und Unverständnis, erhebliche Zweifel an der „vorurteilsfreien Rechtsprechung
bundesdeutscher Gerichte" sowie berechtigten Widerspruch hervorrufen.
Aus allen genannten Gründen - und weitere könnten angeführt
werden - ersuche ich Sie, darauf hinzuwirken, daß die vom Bundesverfassungsgericht
mit seinen Entscheidungen vom Juni/Juli 2004 nun bereits zum wiederholtem
Male erwirkte Neuregelung des AAÜG genutzt wird, um in diesem Kontext auch
die die ehemaligen Mitarbeiter des MfS ausgrenzenden Regelungen des § 7 AAÜG
aufzuheben.
Erstmalig in der 100jährigen Geschichte
des deutschen Rentenrechts wird die Wertneutralität für eine große Bevölkerungsgruppe
und deren rechtmäßig erworbene Rentenansprüche außer Kraft gesetzt, sofern
nicht durch die Betroffenen und ihre Interessenvertretungen (ISOR u. a.) „neue
rechtserhebliche Tatsachen" vorgebracht werden, die eine Neubewertung
begründen. Und wenn die Betroffenen in diesem Sinne handeln, also diese vom
BVerfG geforderten „neuen rechtserheblichen Tatsachen" erbringen wollen,
werden erneut, offensichtlich politisch motivierte Hürden aufgebaut: Dazu
gehört die bisherige Weigerung des Bundesverwaltungsamtes und der BStU-Behörde,
die erforderlichen und dort vorhandenen Unterlagen zur Erarbeitung „neuer
rechtserheblicher Tatsachen" freizugeben. Wenn schon das Bundesverfassungsgericht
diese staatlichen Behörden nicht mit gerichtlicher Order zur Herausgabe der
Unterlagen aufgefordert hat, richtet sich somit mein Gesuch an die höchste
Volksvertretung, das zu erreichen.