Die Ehefrau eines ehem. Kreisdienststellenleiters schreibt an den Petitionsausschuss des Bundestages:

„… ich bin die Ehefrau eines ehemaligen Mitarbeiters des MfS. Mein Mann war dort als Offizier und in leitender Stellung tätig. Ich selbst wurde mit meinen 6 Geschwistern und meiner Mutter im Jahre 1945 aus unserer Heimat Schlesien ausgesiedelt. Wir hatten, außer dem Nötigsten, nichts an Werten. Zusammen mit meinem Mann habe ich mir mit vielen Mühen und teilweise auch Entbehrungen ein Leben aufgebaut, auf das wir mit unseren Kindern stolz sind - und dies auch sein können.

Unsere vier Kinder haben wir so erzogen, daß ein jeder von ihnen bisher ehrenvoll im Leben bestanden hat, was im Übrigen auch für unsere fünf  Enkel zutrifft.

Mein Mann hat mit meinem Einverständnis nach unserer Hochzeit noch 8 Jahre studiert (Fach- und Hochschule) in der Absicht uns ein geordnetes Leben zu sichern und im Alter sorgenfrei leben zu können. Er absolvierte dieses Studium, obwohl uns die 8 Jahre Studienzeit sehr viele Einschränkungen und Härten abverlangten. Nach Abschluß des Studiums arbeitete mein Mann noch einige Jahre im zivilen Sektor der DDR, zuletzt als LPG-Vorsitzender. Im Jahre 1967 erfolgte seine Einstellung in das MfS. Trotz seiner Stellung, und obwohl wir vier Kinder groß zu ziehen hatten, war ich die ganzen Jahre bis zur Wende 1989 voll berufstätig, unter dem Gesichtspunkt, etwas für die Gesellschaft, für die Familie, sowie für unsere gemeinsame Rente zu tun.

Leider wurde ich nach der Wende bitter enttäuscht - was damit bereits das zweite Mal nach 1945 sein sollte - da mein Mann nach seiner Berentung wegen Arbeitslosigkeit 1996 eine Rente erhielt, die man, bei aller Liebe, allerhöchstens mit Sozialhilfe vergleichen konnte! Diese Enttäuschung verstärkte sich noch mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 1999, sowie mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde von 1SOR im Juni 2004.

Ich erklärte eingangs, daß mein Mann nach seinem Studium einige Jahre im Zivilsektor tätig war, zuletzt als LPG-Vorsitzender. In dieser Funktion hat er 1966, vor seiner Einstellung beim MfS, für ein Jahr Tätigkeit als Vorsitzender 1,5768 Rentenpunkte erhalten. Das entspricht je Monat beim heutigen Renten-Wert Ost 36,22 Euro. Als Mitarbeiter des MfS bekommt er von 1967 bis zum 11. 02. 1990 (Beendigung seiner Tätigkeit beim MfS) durchgehend jährlich einen Rentenpunkt. Das sind beim aktuellen Renten-Wert Ost 22,94 Euro.

Das sind im Monat ein Minus von 13,25 Euro und bei rund 23 Jahren im MfS eine Bestrafung für diese Tätigkeit von knapp 305 Euro monatlich!

Zur Untermauerung dieser Tatsache füge ich Ihnen die Ablichtung der Anlage 3, Seite 2 der LVA Thüringen vom 09. 02 2000 bei. Es handelt sich dabei um eine Neuberechnung aufgrund des Urteils des BVerfG von 1999.

Die Höhe der Bestrafung fiele noch deutlich höher aus, wenn ich die berufliche Entwicklung meines Mannes im zivilen Sektor im Vergleich zum MfS aufrechnen würde!  Es ist zu unterstellen, daß ca. 400 Euro monatliche Bestrafung über die Rente nicht zu hoch gegriffen sind, was auf das gesamte Jahr gerechnet an die 5000 Euro sind.

Nun frage ich Sie, was hat mein Mann an strafbaren Handlungen begangen, welche solch eine Bestrafung über die Rente rechtfertigen?! Insbesondere in einem Staat, der sich als Rechtsstaat bezeichnet bzw. sich als einen solchen  glorifiziert. Ich glaube, daß eine derart unwürdige und vom Staat und seinen Machtorganen praktizierte Ungerechtigkeit Einmaligkeitscharakter auf der Welt hat und mit Menschenrecht und anderen juristisch verbrämten Floskeln nichts, aber auch gar nichts zu tun hat!

Die Behauptung, das MfS habe sich selbst privilegiert und ungerechtfertigt hohe Gehälter bezogen, grenzt ans Lächerliche und der Fall meines Mannes macht dies mehr als nur deutlich. Zumal er in seiner Tätigkeit auf der Grundlage der Gesetze der DDR, sowie auf Grundlage der zu diesem Zeitpunkt geltenden Befehle und Weisungen des MfS gehandelt hat. Und ich unterstelle, daß jedes Geheimdienstorgan, gleich welchen Staates, auf ähnlichen Grundlagen arbeitet.  Um Ihnen zu beweisen, daß meine Behauptung des Verstoßes gegen die Menschenrechte, sowie gegen andere, durch das Grundgesetz der BRD gesicherte, Rechte der Menschen bei ehemaligen Mitarbeitern des MfS zutrifft, sende ich Ihnen den Steckbrief - anders kann ich es nicht bezeichnen - der Birthlerbehörde, Außenstelle Gera, vom Februar diesen Jahres in der Anlage zu. Bilden Sie sich hierzu ein eigenes Urteil.

Da ich der Auffassung bin, daß die Berentung der ehemaligen Mitarbeiter des MfS nicht nur eine juristische Angelegenheit, sondern auch in hohem Maße eine politische Angelegenheit ist, wende ich mich an Sie, um Einfluß darauf zu nehmen, daß sehr schnell positive Entscheidungen zur Zufriedenheit aller fallen. In der Hoffnung auf sehr schnelle Entscheidungen bzw. ersichtlich positive Reaktionen, welche mir den Weg zum Europäischen Gerichtshof oder zur UNO-Menschenrechtskommission ersparen, verbleibe ich…“