Petition eines ehem. Mitarbeiters einer BV

Petition gegen die Aufrechterhaltung der Entgeltkürzung gem. § 7 Abs. 1 AAÜG

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich war bis zum 31 - Dezember 1989 Angehöriger des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR und bin als solcher unmittelbar vom geltenden Rentenstrafrecht betroffen. Die demokratischen Grundrechte der Bundesrepublik in Rechnung stellend, gehe ich davon aus, daß der aktuelle Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22 06 2004 zur Aufrechterhaltung der Entgeltkürzungen für Mitarbeiter des MfS unmöglich das letzte Wort in dieser Angelegenheit gewesen sein kann und wende mich mit dieser Petition an Sie.

Ich habe nach dem Abitur ein Studium der Fachrichtung Volkswirtschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin absolviert und mit dem Grad eines Diplomvolkswirts beendet Meine Tätigkeit beim MfS entsprach dieser Qualifikation. Die mir seit Eintritt meines Rentenalters (01.10.2001) aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlte Rente entspricht jedoch nur der Durchschnittsrente in der DDR nach 45 Versicherungsjahren, d.h. ein Entgeltpunkt pro Jahr (Zum besseren Verständnis und zum Vergleich: Meine Frau bezieht bei der gleichen Qualifikation und nach 42 Versicherungsjahren eine um mehr als 400 höhere Rente als ich.) Wahrend meiner gesamten Dienstzeit beim MfS habe ich Monat für Monat 10 % meines Bruttogehaltes in das Sonderversorgungssystem des Ministeriums eingezahlt und mein Arbeitgeber zahlte weitere 10 Prozent.

Diese Rentenberechnung stützt sich auf § 7 Abs. 1 AAÜG. Ähnliche Entgeltkürzungen erfuhren bisher auch leitende Partei- und Staatsfunktionäre der ehemaligen DDR nach § 6 Abs. 2 und 3 des AAÜG. Mit Beschluß vom 23.06.2004 hat das Bundesverfassungsgericht diese willkürlichen, politisch motivierten Entgeltkürzungen als mit dem Grundgesetz der BRD für unvereinbar erklärt. Sie sind somit verfassungswidrig.

Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich -zugegeben - auf einen anderen Personenkreis, frühere Partei- und Staatsfunktionäre, die ein Bruttoeinkommen von mehr als 31.500,00 Mark p. a. bezogen haben, die aber u. a. für die gesetzlichen Grundlagen der Tätigkeit des MfS verantwortlich zeichneten Dieser Personenkreis wird trotz höherer Verantwortung nicht mehr in der Form benachteiligt wie die Mitarbeiter des MfS, deren Jahresverdienst - wie der meine - in der Mehrzahl der Fälle unter dem Betrag von 31.500,00 Mark p. a. lag, vom Bundesverfassungsgericht aber als überhöht angesehen wird.

Den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.2004 zum § 7 Abs. 1 AAÜG kann ich unter diesen Urnständen nicht anders als unlogisch und noch immer von politischer Willkür getragen betrachten Die Gleichbehandlung aller Bürger nach Artikel 3 und 14 des Grundgesetzes wird den ehemaligen Angehörigen des MfS damit weiterhin ebenso verweigert wie die Wahrung des Besitzstandes - sie haben immerhin wie jeder andere - und nicht zu wenig - in die Sozialversicherung eingezahlt. Noch nie ist vom Gesetzgeber in der Geschichte Deutschlands und speziell der Bundesrepublik so verfahren worden!

Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluß vom 22.06 2004 jedoch auf die Möglichkeit hingewiesen, nach einer exakten Klärung der in den Jahren 1950 bis 1989 im MfS herrschenden Einkommensverhältnisse noch einmal über die Entgeltbegrenzung zu befinden. Allerdings verweigern bisher das Bundesverwaltungsamt sowie die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR die Herausgabe der für diese Klärung erforderlichen Unterlagen an oder auch nur die Einsichtnahme durch die mit der Angelegenheit befaßten Rechtsanwälte oder die Interessenvertretung ehemaliger Angehöriger der bewaffneten Organe und der Zollverwaltung der DDR - die ISOR e.V. Dieses Verhalten des Bundesverwaltungsamtes und der Bundesbeauftragten läßt eigentlich nur den Schluß zu, daß sich beide Institutionen darüber im Klaren sind, daß die in ihrer Zuständigkeit befindlichen Dokumente die Unhaltbarkeit der gegenwärtig geübten Praxis bestätigen würden, und daß sie aus diesem Grunde deren Herausgabe verweigern

Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber verpflichtet, das AAÜG bis zum 30 Juni 2005 erneut zu novellieren

Ich beantrage daher,

daß der Deutsche Bundestag im Zusammenhang mit der dem Gesetzgeber seitens des Bundesverfassungsgerichtes auferlegten Pflicht zur Novellierung des AAÜG mit der Überarbeitung des § 6 Abs 2 und 3 zugleich eine inhaltlich identische Überarbeitung des § 7 Abs 1 dieses Gesetzes vornehmen möge

Ich beantrage fernerhin,

daß der Deutsche Bundestag darauf hinwirken möge, das Bundesverwaltungsamt und die Bundesbeauftragte für die MfS-Unterlagen zur Herausgabe der statistischen Unterlagen und anderen Dokumente, die über die Einkommenshöhen im MfS Auskunft geben, an die Rechtsanwälte und Gutachter von ISOR e.V. zu veranlassen.