Auszug aus der Petition einer Ärztin im Wachregiment

 

„… Nach Abschluß eines Medizinstudiums in der DDR und anschließender ärztlicher Tätigkeit an der Charité Berlin mit Promotion zum Dr.medicinae habe ich vom 01.09.1964 bis 03.10.1967 im Medizinischen Dienst des Wachregiments Berlin des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR als Ärztin gearbeitet.

Ich erhielt dort Gehalt entsprechend meiner Qualifikation und habe entsprechend den damals geltenden rentenrechtlichen Regelungen der DDR 10 % meines Bruttoverdienstes als Renten-versicherungsbeitrag abgeführt. Der Dienstherr hat dies in gleicher Höhe getan.

Nunmehr Rentnerin, erhalte ich für diese Zeit eine sog. Durchschnittsrente ( 1,0 Entgeltpunkte ) der gesetzlichen Rentenversicherung.

Durch den Gesetzgeber und durch das Bundesverfassungsgericht in dessen jüngstem Beschluss zu § 7 AAÜG vom 22.06.2004  wird diese Kürzung meiner Rente damit begründet, im MfS der DDR seien aus politischen Gründen überhöhte Dienstbezüge gezahlt worden.

Dazu stelle ich fest:

Entsprechend meiner überdurchschnittlichen Qualifikation ( im Verhältnis zur Gesamtheit der renten-versicherungspflichtig Beschäftigten ) lagen meine Bezüge sowohl vor als auch nach der Tätigkeit im Wachregiment des MfS über dem Durchschnitt.

Das geht schon daraus hervor, daß im Rentenbescheid der BfA, Anlage 3 „Entgeltpunkte für Beitragszeiten“  für mich mehr als 1,0 Entgeltpunkte/Jahr für die Zeiten  vor dem 01.09.1964 und  nach dem 03.10.1967 ausgewiesen sind.

Konkret und beispielhaft:

Meine ärztliche Tätigkeit und deren Entlohnung im Zeitraum 01.01.64 bis 31.07.64 ergibt 0,8430 Entgeltpunkte für 7 Monate. Das entspricht für 12 Monate 1,445 Entgeltpunkten Die Entlohnung meiner ärztlichen Tätigkeit nach Beendung der rentenrechtlichen Zeit im Wachregiment Berlin ergibt für das Jahr  01.01. – 31.12.1968 1,7709 Entgeltpunkte.

Wieso – bitteschön – soll ich in den dazwischen liegenden drei Arbeitsjahren „aus politischen Gründen überbezahlt“ gewesen sein ? Ich habe im Wachregiment Berlin des MfS ärztliche Tätigkeit ausgeübt, so wie zuvor und wie danach.

Um nicht mißverstanden zu werden, möchte ich bekunden, daß ich mit der mir durch die BfA gezahlten Rente auskömmlich leben kann. Es geht für mich nicht um den relativ geringen Differenz-betrag zwischen der nach jetziger Gesetzeslage gezahlten Rente und der mir rechtens zustehenden Rente für die hier in Rede stehenden drei Jahre. Es geht vielmehr darum, daß ich die zugrunde liegende gesetzliche Regelung als mich diskriminierend, mich in meinen Menschen- und Bürger-rechten verletzend empfinde. 

Die Kürzung meiner Rente für den Zeitraum meiner beruflichen Tätigkeit vom 01.09.1964 bis 03.10.1967 widerspricht der Wertneutralität des Rentenrechts. Sie verstößt gegen die in Artikel 3 Grundgesetz postulierte Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz. Wegen meiner im Verhältnis zu den Bezügen korrekt erfolgten Einzahlungen zur Rentenversicherung verletzt sie überdies den Eigentumsschutz nach Artikel 14 Grundgesetz. 

Ich bitte Sie, im Rahmen der Kompetenzen Ihres Ausschusses aktiv zu werden, damit der Deutsche Bundestag zu einer rentenrechtlichen Regelung findet, die auch für Sachverhalte wie den hier dargestellten Recht herstellt. Die ohnehin notwendig werdende gesetzliche Neuregelung infolge des Bundesverfassungsgerichts-Urteils vom 23.Juni 2004 zu § 6 AAÜG böte dafür Gelegenheit.

Ich erlaube mir anzuregen, daß für ähnlich gelagerte Fälle wie den meinen zumindest die Aufnahme einer Härtefall-Regelung zu § 7 AAÜG geprüft werden sollte. Ich knüpfe hier daran an, daß das BVerfGE in seinem schon genannten Urteil vom 23.Juni 2004 zu den sog. E3-Fällen eine Härte-klausel als mögliches Instrument erwähnt, um „die Folgen der vom Gesetzgeber vorgenommenen groben Typisierung verfassungsrechtlich hinnehmbar werden“ zu lassen. ( BVerfGE 1 BvL 3/98 vom 23.6.2004, Absatz 26 ). Eben eine solche grobe Typisierung sehe ich in den geltenden Regelungen für ehemalige Angehörige des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR.  …“