Aus der Petition eines Stellv. Abteilungsleiters / O.i.b.E. der Hauptabteilung  XVIII

 

„… Durch die pauschale Begrenzung der Entgeltpunkte auf 1,0 je Jahr bin ich persönlich in erheblichem Maße betroffen, da ich von meinem 19. bis zu meinem 51.Lebensjahr den  weit überwiegenden Teil des Arbeitslebens Angehöriger des MfS war.

Nach dem Abitur bin ich in der Überzeugung, damit meinem Vaterland, der Deutschen Demokratischen Republik zu dienen, in das MfS eingetreten. Als Offizier – letzter Dienstgrad Oberstleutnant, letzte Dienststellung Stellvertretender Abteilungsleiter im Ministerium – habe ich im Bereich der Sicherung der Volkswirtschaft bis Januar 1990 im MfS daran gearbeitet, Schädigungen der wirtschaftlichen Entwicklung der DDR entgegenzuwirken.

1975 habe ich im Ergebnis eines fünfeinhalbjährigen Fernstudiums den Grad eines Diplom-Juristen erworben und habe 1989 zum Dr. juris promoviert. Ab 1988 war ich als Offizier im besonderen Einsatz des MfS beim Stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrats und Minister für Wissenschaft und Technik der DDR als dessen Leiter der Abteilung Inspektion tätig. Im Ministerium für Wissenschaft und Technik habe ich auch nach Auflösung der Abteilung Inspektion unter den Regierungen Dr. Modrow und de Maiziere bis zum 02.10.1990 weiter als Mitarbeiter im Referat Recht gearbeitet. Ich war bis zum 03.10.1990 in meiner Arbeitsstelle – in der meine Eigenschaft als Angehöriger des MfS allgemein bekannt war - keinerlei Diskriminierung oder anderen Angriffen ausgesetzt. Seit 1998 Rentner, wurde mir durch die BfA aufgrund der Regelungen des AAÜG, § 7 zunächst Rente auf der Basis von 0.7 Entgeltpunkten und ab 01.05.1999 von 1.0 Entgeltpunkten/Jahr – sog. Durchschnittsrente – gezahlt. Zusammen mit den Entgeltpunkten für die Zeiten ab 03.10.1990 (teils Weiterbildung und Arbeitsbeschaffungs-Maßnahmen im Rahmen der staatlichen Arbeitsförderung, für eineinhalb Jahre sogar eine „richtige“ Arbeit im sozialen Bereich, zum Glück nur kurzzeitige Arbeitslosigkeit ) ergibt dies für mich eine monatliche Bruttorente von 1.006,27 €, Zahlbetrag 915,20 €. 

Als Petent wende ich mich an Sie mit dem Ersuchen, dahin zu wirken, daß der Deutsche Bundestag als Gesetzgeber die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 23.Juni 2004 ( BverfGE 1 BvL 3/98 vom 23.06.2004 ) festgelegte Neuregelung des § 6 AAÜG zugunsten der sog. E3-Fälle nutzt, um zugleich eine Neuregelung im § 7 AAÜG zugunsten ehemaliger Angehöriger des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR zu verabschieden.                                                                   

Daß das Bundesverfassungsgericht trotz eines wohlbegründeten Vorlagebeschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 26.04.2004 (Sozialgericht Berlin S 18 RA 7460/01) sich nicht entschließen konnte, dem Gesetzgeber  eine Änderung von § 7 AAÜG mit aufzugeben, hat nicht zwingend zur Folge, daß es ihm verwehrt wäre, in dieser Weise tätig zu werden.

Da das BVerfGE zur Begründung seiner Ablehnung vom 22.06.2004 vor allem darauf abhebt, die Beschäftigten- und Qualifikationsstruktur im MfS sowie die im MfS erzielten Pro-Kopf- und Durchschnittseinkommen seien nicht hinreichend geklärt, so das zu Recht vermutet werden dürfe,  im MfS seien überhöhte Arbeitsentgelte gezahlt worden, möchte ich mich hier darauf beschränken, zu diesem Punkte Stellung zu nehmen. 

Benannte Unklarheiten sind unschwer zu beheben. Bei der „Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR“ ( BStU ) und beim Bundesverwaltungsamt werden umfangreiche Aktenbestände der Abteilung Finanzen des MfS verwahrt. Diese sind geeignet, die gesuchten Angaben zu finden. Die genannten Bundesbehörden tun aber nicht nur nichts dazu, sondern sie weigern sich bisher, Betroffenen und deren Solidaritätsorganisation ISOR e.V. solche Unterlagen herauszugeben, damit eigene Recherchen möglich werden. Es besteht also folgende Situation: Eine Einrichtung des Bundes – hier das BVerfGE – verlangt von den von Rentenkürzung Betroffenen, Unterlagen ( bzw. diese Unterlagen auswertende Daten ) vorzulegen, die von anderen Einrichtungen des Bundes – hier Bundesverwaltungsamt und BStU - gehütet und nicht herausgegeben werden.  Für uns Betroffene ein Teufelskreis. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt! In der Macht des Gesetzgebers liegt es wohl, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Im übrigen scheint mir zweifelhaft, daß es rechtsstaatlich sein solle, den von pauschaler Rentenkürzung Betroffenen die Beweislast für generelle Strukturen und Funktionsweisen in einem staatlichen Teilsystem der DDR aufzubürden. Vom einzelnen Rentenberechtigten kann wohl nur erwartet werden, für sich selbst darzulegen, wie weit seine Qualifikation überdurchschnittliche Vergütung begründete. Systemaussagen hätte der Dienstherr zu treffen, so es ihn noch gäbe; bei bestehender Sachlage kommen wohl nur die Verweser in Betracht.

Für mich persönlich weise ich zurück, ich hätte im MfS überhöhte Bezüge erhalten. Hohe ja. Mit den schon benannten Qualifikationen, dem dreißig Jahre überschreitenden Dienstalter und der erreichten Dienststellung hätte ich in jedem Tätigkeitsbereich in der DDR überdurchschnittlich verdient. Das ist auch durch die zur Zufriedenheit des Ministers für Wissenschaft und Technik der DDR ausgeübte und durch Höherstufung anerkannte Funktionsausübung ab 1988 in einer Abteilungsleiterstellung in diesem Ministerium belegt.  

Ich bitte Sie nochmals, im Rahmen der Kompetenzen Ihres Ausschusses aktiv zu werden, damit der Deutsche Bundestag zu einer rentenrechtlichen Regelung findet, die auch für Angehörige des MfS der DDR Recht herstellt. Die ohnehin notwendig werdende gesetzliche Neuregelung des § 6 AAÜG infolge des Bundesverfassungsgerichts-Urteils vom 23.Juni 2004 böte dafür Gelegenheit….“