„… Als ehemalige Angehörige des
MfS bin ich von den o. g. Entscheidungen unmittelbar betroffen. Ich war von
1969 bis 1974 zunächst als Zivilangestellte und danach bis 1990 als attestierte
Mitarbeiterin in einer Abteilung der Hauptabteilung VI tätig, die für die
Erfassung, Speicherung und Auswertung der Dokumente des grenzüberschreitenden
Reiseverkehrs zuständig war. Ich hatte zuvor am Pädagogischen Institut Mühlhausen/Thür.
erfolgreich meine Ausbildung zur Oberstufenlehrerin absolviert, mit einem
Abschluss, der wenigstens als Fachschulabschluss gelten dürfte. Für eine
insgesamt (ab dem 17. Lebensjahr) 5-jährige Ausbildungszeit werden mir nur drei
Jahre für meine Rente angerechnet, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass
eine solche längere Ausbildung regelmäßig auch zu einem höheren Einkommen
führt. Tatsächlich wird meine Rente aber auf einen Durchschnittswert begrenzt.
Eine Tätigkeit als Lehrerin musste ich aus familiären Gründen nach mehreren
Jahren aufgeben (Geburt und Erziehung von drei Kindern). Ich fand dann 1969
eine Teilzeit-Arbeit als Zivilangestellte des MfS. Ich war als Sortierkraft
eingesetzt und wurde als solche auch 1974 in das Sonderversorgungssystem des
MfS übernommen. Da mein Verdienst zunächst unter dem DDR-Durchschnitt blieb,
hatte diese Tätigkeit keinerlei nachteilige Auswirkungen auf meine spätere
Rente.
Rentenrechtlich bestraft werde ich
erst bei altersbedingten Steigerungen meines Einkommens und wegen der Übernahme
anspruchsvollerer Arbeiten. (In seinem Urteil vom 23.06.04 nimmt das BVerfG zu
solchen Absurditäten Stellung, speziell zur Bewertung von altersbedingten bzw.
aus einem höheren Dienstalter resultierenden Einkommenssteigerungen.[1])
So übernahm ich die Leitung eines Referates von insgesamt bis zu 90
Sortierkräften, war als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Referatsleiterin
für die Zusammenarbeit mit allen Grenzübergangsstellen auf dem Gebiet der
Erfassung, Aufbereitung, Verteilung und Speicherung von jährlich mehreren
Millionen Grenzübergangsdokumenten sowie für Aufgaben der Organisation der vor-
und nachgelagerten Prozesse der EDV-mäßigen Erfassung und Speicherung dieser
Dokumente verantwortlich.
Alle von mir im MfS verrichteten
Tätigkeiten hätte ich ebenso auch als Angehörige der Grenztruppen oder des
Ministeriums des Inneren verrichten können. Sie waren keine spezifisch
geheimdienstlichen Aufgaben. Die Zuordnung dieser Aufgaben zum MfS hatte
zufälligen Charakter. Auch die Grenzpolizei war in früheren Zeiten einmal dem
MfS unterstellt, ohne dass hieraus Rentenkürzungen für die damaligen
Angehörigen der Grenzpolizei abgeleitet werden. Ich vermag nicht einzusehen,
dass identische Aufgaben in verschiedenen bewaffneten Organen der DDR rentenrechtlich
unterschiedlich bewertet werden…“
[1] Vgl. BVerfG 1 BvL 3/98 vom 23.06.2004, Absätze 26 und 76