Eine persönliche Bemerkung zu  Kurt Goßweiler „Kapital, Reichswehr und NSDAP. Zur Frühgeschichte des deutschen Faschismus 1919 bis 1924“

Von Prof.Dr. Erich Buchholz

 

 

Genau zur rechten Zeit erschien jetzt im PapyRossa-Verlag ein Reprint des Buches von Kurt Goßweiler „Kapital, Reichswehr und NSDAP. Zur Frühgeschichte des deutschen Faschismus 1919 bis 1924“, das bereits 1982 vom Akademie Verlag der DDR und vom Pahl Rugenstein-Verlag herausgebracht worden war.

 

Bereits der Titel ist eine Erkenntnis.

Kapital und Reichswehr werden - vom Autor so gewollt - im Titel des Buches als Grundlagen und Voraussetzungen des deutschen Faschismus markiert.

 

In der Tat, wer ein klein wenig die jüngere deutsche Geschichte kennt oder in Teilen selbst wahrgenommen hatte bzw. durch seine Eltern vermittelt bekam, weiß, auch aus überreichlich vorhandenem Schrifttum, dass viele ideologische Verkündungen des deutschen Faschismus bereits seit langem im deutschen Volk, namentlich in seinen tonangebenden Kreisen, bestimmend waren, so der deutsche Nationalismus, dann vor allem der „Großdeutschen“, besonders nach der Besiegung Frankreichs im Jahre 1871 und der Ausrufung eines deutschen Kaiserreiches mit Kaiser Wilhelm I, dem alsbald folgend der deutsche Militarismus, besonders gefördert von Kaiser Wilhelm II, und der zunehmend deutlicher gewordene Antisemitismus und Antikommunismus.

 

Die Naziideologie hat dies alles „nur“ aufgegriffen, ausgebaut und dann mit der Führerideologie abgerundet und in wenigen Jahren zum beispiellosen Resultat gebracht. .

 

Warum ist daran zu erinnern?

Wer irgendwann nach 1945 einmal gemeint haben mag, es genüge, das Hakenkreuz wegzulassen und die braune Farbe der Nazis mit Schwarz oder ähnlichen Farben zu übertünchen, erlag nicht nur seinem Irrtum, sondern tat sich selbst etwas Schlimmes an.

 

Bekanntlich wurde in den Westzonen, unter maßgeblicher Rolle Adenauers und mit Stützung der westlichen Alliierten, besonders der USA, keine konsequente, an die Wurzeln gehende Überwindung des deutschen Faschismus angestrebt, obwohl das Potsdamer Abkommen, von Truman, Attlee und Stalin unterschrieben und von Frankreich später ausdrücklich gebilligt, eine Ausrottung des deutschen Faschismus im Gefolge seiner militärischen Niederschlagung vorschrieb.

 

Der dem Potsdamer Abkommen ins Gesicht schlagende und es grundsätzlich in Frage stellende Umgang mit den Nazis, vor allem den Nazi- und Kriegsverbrechern in den Westzonen, musste zwangsläufig früher oder später, in dieser oder jener Form, in diesen oder jenen Dimensionen, ein Wiederauferstehen  des deutschen Faschismus nach sich ziehen,

 

Demgegenüber hatten bekanntlich die maßgebenden antifaschistischen Politiker und Parteien in der sowjetischen Besatzungszone mit Unterstützung ihrer Besatzungsmacht dem deutschen Faschismus hier ein buchstäbliches Garaus gemacht, vor allem seine ökonomischen. historischen  und politischen Grundlagen bewirkt, durch Enteignung der Nazi- und Kriegsverbrecher und durch die Bodenreform mit der ökonomischen Liquidierung des den preußischen Militarismus tragenden preußischen Junkertums.

 

Hier und später in der DDR wurde dem Faschismus kein Raum gelassen, gab es keine Wiedergeburt des deutschen Nationalismus und Militarismus.

Die DDR war - wie heute 20 Jahre nach ihrer Beseitigung weltweit noch viel deutlicher wurde - der deutsche Friedensstaat.

 

Dass die Nazi Partei, gerade nach ihrem „Putsch im Bürgerbräu“ in München recht bald eine ansehnliche Dimension erlangen konnte, war nicht nur der vorgenannten Anknüpfung an bekanntes nationalistisches, militaristisches, antisemitisches und antikommunistisches Denken geschuldet sondern zunehmend der massiven, auch finanziellen  Unterstützung durch das deutsche Kapital, durch die Rüstungsindustrie und andere der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung dienstbaren Kapitalisten.

 

Deshalb ist es überaus wertvoll,  dass durch ein Reprint des genannten Buches Lesern, die heute nach dem Warum fragen, handfestes, quellengestütztes beweiskräftiges Material in die Hand gegeben wird.

 

In den letzten Wochen berichteten die Medien immer wieder über „rechten Terror“, mit Mordtaten, die bereits vor 20 Jahren begangen wurden.

 

Die maßgeblich verantwortlichen bundesdeutschen Politiker jammern darüber, vergießen „Krokodilstränen“ und beklagen Aufklärungsdefizite in ihren Landesbehörden.

Sie verschweigen aber absichtsvoll, was sie und ihre Vorgänger über sechs Jahrzehnte zur Aufrechterhaltung jener Kräfte getan haben, denen jetzt „rechter Terror“ vorgeworfen wird.

 

Wie bekannt und üblich in dergleichen Fällen von unübersehbaren Defiziten der Sicherheitsbehörden -  wie auch beim Beklagen der vielfältigen erheblichen Kriminalität - fragen die Verantwortlichen der BRD niemals nach den Gründen und Ursachen - obwohl solche (so  bezüglich der Kriminalität) in den heutigen sozialen Verhältnissen auf der Hand liegen.

Auffallend ist auch, dass ein Zusammenhang zur jahrzehntelangen Duldung, ja Förderung  der NPD nicht gesehen wird.

 

Da sie - absichtsvoll  - nicht nach den Ursachen  des „rechten Terrors“ in der BRD fragen, bekunden sie damit (absichtlich oder ungewollt), dass sie diese nicht antasten wollen.

 

Mehr noch: sie nehmen die vorgenannten Vorkommnisse und unbestreitbar gewordene Ermittlungspannen zum Anlass, zum Vorwand, das bundesdeutsche Sicherheitssystem mit seinem Sicherheitsapparat auf Kosten der Rechte der Bürger auszubauen, ohne vorrangig gegen „Rechts“ vorzugehen.

Sie beeilen sich, Strukturen zu schaffen, die an die Zentralisierung des antikommunistischen und antijüdischen Naziterrors erinnern - wie das Reichssicherheitshauptamt.

 

Goßweilers Buch hilft dem interessierten und politisch wachen Leser, hinter die Zusammenhänge und Hintergründe einer  gefährlichen Politik der BRD zu schauen.

 

Berlin, im Januar 2012