60 Jahre NATO sind genug.

                             Für eine europäische Friedensordnung.

 

Mahnung und Aufruf der europäischen Friedenskonferenz

                  

                                     Manfred Volland, Mitglied des Vorstandes von ISOR

 

Am 14. u.15 März trafen sich in Berlin die Mitglieder des europäischen Friedensforums

zur europäischen Friedenskonferenz, um nachdrücklich auf die Gefahren aufmerksam zu    machen, die von der Existenz der NATO für alle Völker der Welt ausgehen.  Vertreter aus vielen Ländern Europas sind dem Aufruf des europäischen Friedensforums gefolgt und haben in Berlin eindringlich ihre Stimme erhoben

                                     „ Für eine europäische Friedensordnung –

                  Nein zur NATO –  Nein zum Krieg!“

                                                  60 Jahre NATO sind genug.

 

Auch wir vom ISOR-Vorstand  haben der Einladung Folge geleistet und mit einer Delegation an der Konferenz teilgenommen. Einmütig haben die Teilnehmer die ernsten Gefahren, die  von der NATO  ausgehen, hervorgehoben und die erforderlichen Konsequenzen für die Sicherung des Friedens sichtbar gemacht.

Es gibt keinen Grund, den 60. Jahrestag der NATO mit Pauken und Trompeten, mit Glanz und      Gloria zu begehen. Die Bilanz, die sie aufweist, ist furchtbar und besorgniserregend. Die Welt ist durch die NATO nicht sicherer geworden, die Gefahren eines atomaren Weltkrieges mehren sich. Um es deutlich zu sagen: Die Existenz der Menschheit steht auf dem Spiel.     

6 Jahre Krieg im Irak haben weit über 100 000 Opfer, vorwiegend Zivilisten,     gefordert. Ein ganzes Land wurde dabei in Schutt und Asche gelegt. Der Krieg hat bisher 78 Milliarden Dollar gekostet.

In 8 Jahren  Krieg in Afghanistan haben ebenfalls  über 110 000 Zivilisten und mehr als 5 000 Soldaten  ihr Leben gelassen, darunter 28 junge Deutsche. Keines der vorgesehenen Kriegsziele wurde erreicht. Gewalt, Terror, Drogenhandel und bitteres Elend herrschen dort. Der Krieg kostete bisher insgesamt 1.2 Billionen Dollar. Die Gesamtkosten für Deutschland für den Afghanistan-Krieg betragen 2 Milliarden Euro.

 Fast 9 Jahre währte der Jugoslawien-Krieg mit tausenden Toten und Verletzten,

mit 600 000 Obdachlosen und 1.2 Millionen Vertriebenen, mit riesigen Zerstörungen

Noch heute gibt die BRD rund 1 Milliarden  € jährlich für den Einsatz der deutschen Soldaten aus.

Die NATO hinterlässt eine Spur des Grauens und brachte Not und Elend über die Völker.

Wie viel Leid und Elend wäre den Völkern erspart geblieben, welche gewaltigen  materiellen und  finanziellen Ressourcen hätten für die Lösung sozialer Fragen zur Verfügung gestanden, wenn die NATO sich vor 18 Jahren, genauso wie der Warschauer Vertag aufgelöst hätte.?

Als am 1.Juli 1991 der Warschauer Vertrag auf Grund der veränderten internationalen     Situation    seine Tätigkeit beendete,  hatte im Grunde genommen auch die NATO ihre Existenzberechtigung verloren, denn der bisherige potentionelle Gegner war nicht mehr da. Das Feindbild war ihr abhanden gekommen und sie litt unter Legitimitätsproblemen. Es gab also keine Notwendigkeit mehr für dieses Militärbündnis. Die Vernunft der Menschheit, das Gebot des Friedens erforderte die sofortige Auflösung der NATO. Was für ein Glück für die Menschheit wäre es gewesen, wenn beide mächtigen Militärbündnisse nicht mehr existent gewesen wären. Leider stand diesen humanen Erfordernissen, das Machtstreben des globalen Imperialismus mit seinem militärischen - industriellen Komplex entgegen.

Man erfand neue Bedrohungslegenden, die bereits wenige Wochen nach Auflösung des Warschauer Vertrages im November 1991 in Rom als vorläufige strategische Orientierung festgelegt wurde.  Sie basierte auf der Behauptung, die Zugänge zu den Ressourcen seien gefährdet, die ehemaligen Staaten des Warschauer Vertrages könnten nach Massenvernichtungswaffen streben und nunmehr sei die Krisenbewältigung außerhalb der NATO erforderlich.

Man brauche nunmehr einen globalen Einsatzraum: Ganz Mittel- und Osteuropa, den GUS-Raum, das südliche Mittelmeer und den nahen Osten. Dieser neue „euroatlantische Raum“ kann noch erweitert werden um die potenziellen Erdölgebiete wie das kaspische Meer und weitere östliche Gebiete.  Wenn also bis dahin die Warschauer Vertragsstaaten  Zielgebiet der aggressiven NATO-Pläne waren, galt nunmehr als Zielgebiet jedes beliebige Land was für die NATO einen Risikofaktor darstellt und von Interesse ist.

Im April 1999 wurde dann in Washington das neue strategische Konzept als NATO-Doktrin verabschiedet, welches bis heute volle Gültigkeit hat und die Grundlage der friedensgefährdeten Politik der NATO bildet. Nicht minder gefährlich ist die militärische Komponente der EU, einschließlich des Lissaboner Vertrages.    

 

Die Kernelemente dieser aggressiven Doktrin bestehen in Folgendem:

 

 

1.      In der Ausweitung des territorialen Einsatzbereiches der NATO von Nord-Atlantik- Europa auf die ganze Welt.

Gegenwärtig ist das wieder erstarkte Russland mit seinen gewaltigen Ressourcen, besonders Erdöl und Erdgas, die Hauptrichtung der NATO. Diesem Ziel diente auch der Kaukasuskonflikt im Herbst 2008. Deshalb soll die Einkreisung Russlands durch die Aufnahme weiterer Staaten wie Georgien und der Ukraine sowie Albaniens und Kroatiens,  in Kürze  abgeschlossen werden.

Bei allen aktuellen Entspannungssignalen nach dem Amtsantritt von USA-Präsident Obama fühlt sich Moskau berechtigt durch die weitere Ostausdehnung der NATO ernsthaft bedroht.

Es ist nur zu begrüßen, dass gut ein halbes Jahr nach dem Georgien-Konflikt die NATO, einschließlich der USA, auch ein neues Kapitel in den Beziehungen zu Russland aufschlagen will. Der NATO-Russland Rat soll wieder eingesetzt werden und seine Arbeit fortsetzen. Man braucht Russland plötzlich wieder, um die Transportwege nach Afghanistan sicherzustellen. Es beginnt auch ein erneutes Nachdenken über die geplante Raketenstationierung in Polen und Tschechien.

 

2 . Für die Einsatzoptionen sind keine Mandate der UNO mehr erforderlich, die NATO

kann unabhängig davon handeln. Schon in den 90er Jahren wurde die Selbstmandatierung  der USA und NATO festgeschrieben. 

Das wurde erstmalig mit der völkerrechtswidrigen  Aggression gegen Jugoslawien praktiziert. Der ehemalige NATO Generalsekretär Solana äußerte unverhohlen: „ Wir brauchen den UNO-Sicherheitsrat nicht.“ Damit wurde die Grundlage für weitere NATO Kriege ohne UNO-Mandat festgelegt. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

 

 

3.      Erneute Festschreibung der Ersteinsatzoption für Nuklearwaffen.

In der Ziffer 62 des Washingtoner Vertrages heißt es: „Nukleare Streitkräfte werden

weiterhin eine wesentliche Rolle spielen, in dem sie dafür sorgen, dass ein Angreifer im Ungewissen darüber bleibt, wie die Bündnispartner auf einem militärischen Angreifer reagieren würden.“ Die verbliebenen Atomwaffen sollen zur Abschreckung dienen.

Diese Bedrohung widerspricht dem Gutachten des internationalen Gerichtshofes von 1996, das die Drohung mit Atomwaffen für völkerrechtswidrig erklärte.

Nach wie vor lagern in Europa 240 Atombomben, davon in Deutschland noch immer 20 atomare Sprengköpfe in Büchel, Rheinland-Pfalz. Diese sind mit Sicherheit nicht für den Einsatz gegen Terroristen vorgesehen. 

Russland sah sich deshalb gezwungen, vor wenigen Tagen  anzukündigen, seine strategischen Raketentruppen in den nächsten Jahren weiter zu modernisieren. Trotzdem keimt mit dem angekündigten Abrüstungsdialog zwischen den USA und Russland zu den „ Startverträgen“ zur Reduzierung der strategischen Kernwaffen, sowohl der nuklearen Sprengköpfe, aber auch der Trägermittel  neue Friedenshoffnung auf, um eine drohende atomare Gefahr von den Völkern abzuwenden.

Absichtserklärungen sind die eine Sache, die Praxis der NATO-Krieger jedoch eine andere. Nach wie vor hat die aggressive, friedensgefährdete Politik der NATO die Dominanz in der 1999 beschlossenen Doktrin und auch aus Amerika kommen nicht allzu viel Signale, um diese im Interesse des Friedens und der Abrüstung zum Guten zu verändern. 

   Im Wesentlichen  dient diese NATO Doktrin den amerikanischen Forderungen und Interessen, denn sie wollten und haben in der Folgezeit die NATO zu einem weltweiten Interventionsbündnis ausgebaut. Eindeutig dient die NATO als Instrument für Kriege um Rohstoffe und Märkte und der Sicherung ihrer Transportwege.   Darüber hinaus wurde auch den Interessen der Kernländer der NATO (Deutschland,   Frankreich und Großbritannien) Rechnung getragen.  

Deshalb gibt es auch eine weit verbreitete Erkenntnis der NATO-Gegner,

„dass die NATO eine sich selbstfinanzierende Fremdenlegion der USA in Europa“    ist.

Gegenwärtig sind über 7300 deutsche Soldaten im Kriegseinsatz der NATO. Vorwiegend

auf dem Balkan, in Afghanistan und vor der libanesischen Küste. Junge deutsche Soldaten sterben im NATO Einsatz für die Interessen des amerikanischen und deutschen Imperialismus und auch 2009 stehen weiterhin  31.1 Mrd. € in Deutschland für Militärausgaben bereit.

Deutschland ist Weltmeister bei ausländischen Militärstützpunkten. Auf deutschem Territorium befinden sich 284 ausländische, vorwiegend amerikanische Stützpunkte, die uns jährlich 1.89 Mrd. Dollar kosten. Im Jahre 2008 wurden nach neusten Angaben des Jahrbuches Friedensforschung SIPRI Stockholm weltweit 1,4 Billionen Dollar für Militärausgaben einschließlich der Rüstung ausgegeben. Auch das ist Bestandteil der weltweiten Finanzkrise und geht zu Lasten der Völker. Die militärische Belastung aller Haushalte der NATO Staaten, allen voran der USA, hat Dimensionen erreicht, die zum Beschleuniger der weltweiten Finanzkrise geworden sind.

 

Eingedenk der bitteren Erfahrungen der Sowjetunion in Afghanistan kommt nunmehr der

amerikanische Präsident Obama zur Erkenntnis, dass der Afghanistankrieg militärisch nicht mehr gewonnen werden kann und ist bereit mit den gemäßigten Taliban-Führern Verhandlungen zu führen. Zugleich soll aber der  Krieg mit  zusätzlichen Truppenkontingenten noch ausgeweitet  und forciert werden. Man rechnet mit einer Truppenstärke bis zu 100 000 Mann. Auch Deutschland soll dabei einen größeren Beitrag leisten und weitere 600 Soldaten zum  Einsatz bringen. Welch eklatanter Widerspruch.

 

Deshalb bleibt  die Forderung zum  Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan das Gebot der Stunde und die Beendigung des militärischen Einsatzes insgesamt ein dringendes  Erfordernis für Frieden und Sicherheit.

 

Wie lange will man den Völkern einen  solchen Wahnsinn noch  zumuten?

Die Berliner Konferenz hat mit aller Deutlichkeit gemahnt und gefordert: Macht Schluss mit dieser unverantwortlichen, menschenverachtenden Politik der NATO.

 

                                             Die Welt hat genug mit 60 Jahren NATO.

Die Welt braucht Frieden. Wir brauchen ein friedliches Europa, wir brauchen einen Kontinent der Sicherheit und Zusammenarbeit, nur so kann es eine friedliche Zukunft für die Völker geben. Das ist Voraussetzung für die   Lösung der vor uns stehenden gewaltigen sozialen Herausforderungen.

 

Wir, die Teilnehmer von ISOR an dieser Konferenz, stellen uns hinter diese Forderungen,  unterstützen diese und sind uns gewiss, dass wir uns dabei  auch auf unsere Mitglieder berufen können. Tausende unserer Vereinsfreunde haben zu DDR- Zeiten bei den bewaffneten     Organen  viele Jahre gedient, selbst die Uniformen getragen und  modernste Waffensysteme beherrscht, aber nicht einen einzigen Tag Krieg geführt. Keine anderen Völker wurden von uns bedroht oder gar überfallen. Auch bei den Ereignissen 1989/90 stand die Anwendung der    Waffen nie zur Debatte.

Unser Waffendienst war im wahrsten Sinne des Wortes Friedensdienst. Darauf sind wir  heute noch berechtigt stolz.

Deshalb können wir auch aus voller Überzeugung zustimmen, dass die NATO für die  Zukunft der Menschheit keine Existenzberechtigung mehr hat. Was 1991 versäumt wurde, kann und muss endlich nachgeholt werden: Die Welt muss frei  von allen Militärbündnissen werden. Die riesigen finanziellen Mittel und Ressourcen, die dabei freigesetzt werden, braucht die Welt  dringend für soziale Zwecke, besonders zur Überwindung der nicht zurechtfertigenden, sozialen Unterschiede auf unseren Erdball. Auch  unserem Land täte das gut. Damit könnten auch ohne Probleme die Kosten zur

 Rentenangleichung Ost  an West und  die Kosten zur  Beseitigung der Strafrenten und

andere  dringend anstehende sozialen Erfordernisse gelöst werden.

 

Berlin, 19.03.2009