In Deutschland was Neues:
DIE LINKE.
Prof. Dr. Horst Bischoff, Stellv. Vorsitzender von ISOR e.V.
Nun hat sich endlich, nach
vielen Kämpfen und manchen Wirren, am 16. Juni 2007 in Berlin die neue Partei
DIE LINKE. konstituiert. Sie soll jenen eine Stimme geben - so Oskar Lafontaine
in seiner Rede - die bislang kein Gehör finden. Allein das ist schon begrüßenswert
und verlangt unsere volle Unterstützung. Er wandte sich leidenschaftlich gegen
Krieg und Gewalt und forderte unter starkem Beifall der Delegierten den Abzug
der Bundeswehr aus Afghanistan. Er kündigte eine Politik der demokratischen
Erneuerung an. Derzeit sei die Demokratie in Frage gestellt. Die Interessen
der Mehrheit würden in der Gesundheits-, Renten-, Steuer- und Außenpolitik
nicht mehr vertreten. Nachdem die anderen Parteien den Sozialstaat zerstört
haben, müsse die Linke für seine Wiedererrichtung kämpfen. „Begründen wir
endlich eine neue linke Politik“, forderte auch Lothar Bisky. "Hören
wir auf, unsere Kräfte in Debatten über die vielen denkbaren Linkskonstellationen
zu verzetteln", zitierte er Fausto Bertinotti. Ziel sei nicht, "primär
die SPD zu schwächen, sondern für mehr soziale Gerechtigkeit zu kämpfen".
Er orientierte - wie Lafontaine - auf ein breites Bündnis mit den Gewerkschaften,
mit Sozialverbänden und außerparlamentarischen Kräften. Die gegenwärtige
Politik der Bundesregierung nannte er eine Kriegserklärung an Arbeiter und
Angestellte und Rentenklau, bei gleichzeitiger Senkung der Unternehmenssteuer.
"Wir stellen die Systemfrage". Motto seiner Rede: "Wir sind
gekommen, um zu bleiben.“ Mit Nachdruck bekannte sich Bisky zum demokratischen
Sozialismus und benannte das Streiten für soziale Gerechtigkeit als ein Hauptziel
der neuen Partei.
Unbeschadet unserer parteipolitischen
Unabhängigkeit waren wiederum - wie schon zuvor zum Parteitag der Linkspartei.
PDS und der WASG in Dortmund ( 24./25. März 2007 ) - auch zum Gründungsparteitag
Vertreter von ISOR als Gäste eingeladen worden. Wir sind dieser Einladung
gern gefolgt, wohl wissend, dass das dem Respekt gegenüber ISOR in ihrem Kampf
um soziale Gerechtigkeit geschuldet ist, ohne dass es in den bisherigen Gliedern
Linkspartei.PDS und WASG Konsens geben muss in der Haltung zur DDR und insbesondere
zu den ehemaligen Mitarbeitern ihrer Schutz- und Sicherheitsorgane. Mancher
überträgt mediengestützte Ressentiments nur zu rasch auf unsere Mitgliedschaft,
ohne zu erkennen, in wessen Schlepptau er da eigentlich politische Selbsttore
schießt; und das macht auch nicht Halt vor großen oder bekannten Namen und
Funktionen. Das verstärkte Ringen der Linken um soziale Gerechtigkeit jedoch
und ihre erklärte Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Sozialverbänden
bestimmt unsererseits den Wunsch und ist uns Motivation zu einer engen, ergebnisorientierten
Zusammenarbeit. Wir haben im Vorfeld aufmerksam die Diskussionen um die programmatischen
Zielstellungen verfolgt und erklären vorbehaltlos, dass wir von der sorgsamen,
demokratisch geführten Diskussion und den sensiblen Verfahrens- und Verhaltensweisen
im Umgang miteinander beeindruckt sind. Das lässt uns hoffen, dass die neu
gegründete Partei DIE LINKE. in Gänze auch eine sachliche Position zu ISOR
mit ihren rund 24.000 Mitgliedern finden wird.
Wir bewerten die bisher
erreichten Resultate als außerordentlich bedeutsam für den auch von uns sehr
begrüßten Prozess des Beginns der Zusammenführung und Vereinigung der Linken
als möglichen Ausgangspunkt für einen Politikwechsel in Deutschland.
Verständlicherweise waren
für uns die programmatischen Auffassungen und Haltungen beider Glieder des nun
organisatorisch einheitlichen Parteikörpers zu den außerparlamentarischen
Bewegungen, den Gewerkschaften, Verbänden, Vereinen, Interessengruppen und der
außerparlamentarischen Opposition von besonderem Interesse, denn wir gehören
als Sozialverband eben dazu. Dies auch angesichts der Tatsache, dass
gegenwärtig, offiziellen Verlautbarungen zufolge, nur noch weniger als 2,7
Prozent der Bevölkerung Deutschlands im wahlberechtigtem Alter ( West 2,7
Prozent, Ost 1,8 Prozent ) mit sinkender Tendenz überhaupt noch Mitglied einer
Partei ist, was ja für sich schon Fragestellungen besonderer Art nach den
Wirkungsmechanismen von Wahlen, Parteien und der Demokratie in unserem Lande
aufwirft, und die Streitkultur in den Bundes- und Landesparlamenten hat inzwischen
einen kaum noch zu unterbietenden Tiefstand erreicht. Weitgehend scheint dem
Bürger Politik nur noch am Postengerangel von Abgeordneten und der Lobby orientiert
zu sein.
Unter diesen Bedingungen
hat für uns der eben erlebte Parteitag mit seinen Hinwendungen an außerparlamentarische
Kräfte durchaus Signalwirkung, und die Richtigkeit dessen wird für uns auch
von den heftigen Gegenreaktionen gespiegelt, die die Medien vermitteln. Da
fordert der Stellvertretende CDU‑Vorsitzende aus Brandenburg, ein Herr
Petke, DIE LINKE. durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen, und begründet
dies damit, dass bei der Gründung der Partei "verdeckt Enteignungen propagiert"
worden seien. Artikel 15 des Grundgesetzes, auf den Oskar Lafontaine mit Blick
auf die gegenwärtige Preispolitik der Stromkonzerne verwies, ist ihm sichtbar
fremd. (Wer überhaupt ist eigentlich Herr Petke?) Lafontaine hatte noch mehr
empfohlen französisch zu lernen, zum Beispiel, und den politischen Generalstreik
als Form des Kampfes für soziale Gerechtigkeit wieder zu entdecken!
DIE LINKE. bietet eine Chance
der Bündelung linker Kräfte in diesem Lande. Ihre starke Orientierung auf
außerparlamentarische Kräfte wird von uns auch als Ausdruck des Willens zu
mehr Demokratie sehr begrüßt. Die Parteigründung vermittelt neue Hoffnungen.
ISOR nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die Interessen der Ostdeutschen
und unserer Mitgliedschaft in den beschlossenen Dokumenten programmatisch
gewahrt werden. ISOR begrüßt die Gründung der Partei DIE LINKE. Wir werden
ihr zugleich verlässlicher, kritischer und berechenbarer Partner sein, denn
wir sind immer an der Stärkung unserer Partner im Bundestag und in den Länderparlamenten
elementar interessiert. Letztlich haben seit 1990 allein die Fraktionen der
PDS bzw. Linkspartei.PDS in diesen Gremien unsere Forderungen vertreten, selbst
auch gegen diffamierende Angriffe und auch persönliche Anfeindungen wegen
dieser konsequenten Haltung in Grundrechtsfragen. Unvergessen bleibt für uns
das tapfere Auftreten ihrer damals zwei einzigen Abgeordneten in der letzten
Legislaturperiode des Bundestages. Derart prinzipielles soziales Engagement
lassen bedauerlicherweise bisher sowohl die Parteien der Regierungskoalition
als auch die anderen Parteien
vermissen, die in
Parlamenten vertreten sind.
Der Präsident des
Ostdeutschen Kuratoriums der Verbände, Prof. Dr. Siegfried Mechler, hat in
einer Grußadresse an die Delegierten des Gründungsparteitags namens der
Verbände bekundet:
„Wir
erwarten von einer neuen sozialistischen Linken, dass sie entschlossen und
kraftvoll für die Interessen der Ostdeutschen eintritt, das heißt, insbesondere
gegen die Verfälschung der Geschichte, für eine wahrheitsgemäße, ausgewogene
Geschichtsbetrachtung sowie gegen das Fortbestehen der ungleichen Arbeits-
und Lebensverhältnisse in Deutschland wirkt. Ostdeutschland darf nicht noch
weiter zum Experimentierfeld für Sozialabbau in ganz Deutschland werden."
Der Anspruch der neuen
Partei, die Linke zu sein, ist mutig und legitim. Er ist Angebot zum Mittun bei
der Veränderung der Politik in Deutschland.