22.06.05
Pensionäre
sollen Rentner werden
Sozialverband fordert einheitliche Versicherung für alle Erwerbstätigen
In
einem Positionspapier verlangt der Sozialverband Deutschland eine gesetzliche
Rentenversicherung, in die Beamte, Politiker und Freiberufler mit einbezogen
werden. Durch diese »Erwerbstätigenversicherung« könne das stark belastete
Rentensystem ausreichend finanziert werden.
Berlin
(ND-Matzat). »Einer Rentenpolitik, die sehenden Auges in eine neue Altersarmut
führt, erteilen wir eine klare Absage.« Harsche Worte fand
Sozialverbands-Präsident Adolf Bauer gestern für die Politik der rot-grünen
Bundesregierung. Die Rentenproblematik, Folge von Massenarbeitslosigkeit,
Frühverrentungspraxis, demographischem Faktor und mangelnden Bundeszuschüssen,
sei nicht durch ständige Rentenkürzung zu meistern.
Vier Punkte umfasst das Konzept zur »Rettung der gesetzlichen
Rentenversicherung«, das der Sozialverband Deutschland (SoVD) gestern
vorstellte. Erstens sollen Beamte, Politiker und Selbstständige langfristig in
die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Damit würden
Berufsgruppen mit hohem Einkommen eingebunden und die Solidargemeinschaft
gestärkt. Nur so könne man die gesetzliche Rentenversicherung für die
nachfolgenden Generationen sichern, betonte Bauer. Der Vorschlag, das
Rentensystem hin zu einer »Erwerbstätigenversicherung« fortzuentwickeln, ähnelt
im Ansatz der Idee einer Bürgerversicherung im Krankenversicherungssystem.
Allein in den letzten sechs Jahren habe es vier Eingriffe der Bundesregierung
in die Rentenformel gegeben. Die hätten zu »dramatischen Absenkungen« des
Rentenniveau« geführt. Bauer rechnete vor, dass etwa für einen
Durchschnittsverdiener bei 45 Jahren Arbeitszeit die Rente von heute 69,7
Prozent bis ins Jahr 2030 auf 52,5 Prozent absinkt. Das entspreche einer
Rentenkürzung von 25 Prozent. Folglich fordert der SoVD als zweites »Sicherheit
und Verlässlichkeit« in der Rentenpolitik. Außerdem sei es Zeit für eine
Mindestsicherung für Geringverdiener, damit diese eine existenzsichernde Rente
erhalten und nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind.
Der dritte Punkt des Konzepts betrifft die Finanzierungsgrundlagen der
Rentenkassen. Das Prinzip »Rehabilitation vor Rente« gelte es konsequent zu
verfolgen, damit Frühverrentungen verhindert werden. Mit Blick auf den
Arbeitsmarkt wird gefordert, die geringfügigen Beschäftigungen à la »Minijobs«
sozialversicherungspflichtig auszugestalten. Deren Einführung habe sich als
»Bumerang« erwiesen, da sie zu einem Abbau regulärer Arbeitsplätze geführt
hätten. Die von Beiträgen ungedeckten Leistungen soll der Bund tragen, verlangt
der SoVD. Es sei nicht einzusehen, warum sozialpolitisch sinnvolle Maßnahmen
nicht aus Steuermitteln finanziert werden.
Schließlich erwartet der SoVD als viertes eine »sozial gerecht« geförderte
betriebliche und private Altersvorsorge. Dieser komme wegen der Kürzungen immer
mehr Bedeutung zu. Vor allem Normal- und Geringverdiener müssten von einer
Umstrukturierung staatlicher Förderinstrumente profitieren.
Bauer befürchtete, dass es bei einem Regierungswechsel in Rentenfragen
schwieriger und härter werden könnte. Während es aus dem Sozialministerium
hieß, der SoVD habe auf »die aktuellen Fragen der Rentenversicherung keine
Antwort«, unterstützt die Volkssolidarität den Ruf nach einem »Kurswechsel in
der Rentenpolitik«. Durch die Rentenkassen müssten die Grundprinzipien des
Generationenvertrags bewahrt werden.