Für eine solidarische und sichere Rente
Sechs Punkte für ein Rentensofortprogramm
der Fraktion DIE LINKE.
Der neoliberale Umbau der sozialen
Sicherungssysteme der rot-grünen-schwarz-gelben Bundesregierung hat auch vor der gesetzlichen Rentenversicherung nicht halt
gemacht und wird unter der Großen Koalition unvermindert fortgeführt. Ob
Riester-Rente, Nachhaltigkeitsfaktor oder Rente mit
67. Sie alle haben das Ziel, das Vertrauen in die solidarische Sicherung
gesetzliche Rente systematisch zu zerstören. Ergebnis
wird sein: Selbst bei erwerbslebenslanger Beitragszahlung
kann die gesetzliche Rente allein Armut nicht mehr wirksam verhindern. Ergebnis
wird eine Rente auf Grundsicherungsniveau sein. Wer ein den Lebensstandard
sicherndes Versorgungsniveau im Alter erreichen will, wird dies künftig nur
mit betrieblicher in Kombination mit privater
Vorsorge erreichen können.
Damit ist der Weg für die Ausbreitung der
privaten kapitalgestützten Systeme vorgezeichnet: Die skizzierten rentenpolitischen Verschärfungen ordnen sich ein in die Politik
der Transformation des Sozialstaates in einen reinen
Wettbewerbsstaat. In diesem Konzept ist es nicht mehr Aufgabe der Sozialpolitik, die Menschen solidarisch gegen die Risiken kapitalistischer
Ökonomie abzusichern, sondern einen entscheidenden
Beitrag zur Entfesselung der Finanzmärkte zu leisten. Die schwarz-rot-grün-gelbe Rentenpolitik zielt daher nicht nur auf
eine Entlastung der Arbeitgeber, sondern gleichzeitig auch darauf, immer größere
Teile der Alterssicherung zu privatisieren
und dem Kapitalmarkt zu überantworten. Dieser von den Neoliberalen offen propagierte
Weg liegt insbesondere im Interesse des
privaten Finanzkapitals, allen voran der Banken und Versicherungskonzerne.
Im Zentrum einer linken Rentenpolitik muss
daher das entschiedene Auftreten gegen die Aufkündigung der solidarischen Sicherung durch die offizielle Politik stehen.
Hierzu bedarf es eines sozialpolitischen Gesamtkonzeptes,
das den Schutz der Menschen vor den Auswirkungen kapitalistischer Ökonomie gewährleistet und gleichzeitig das Prinzip der Solidarität
als Gegenmodell zum Profitprinzip stärkt. Um diesen
Anspruch zu verwirklichen, fordert DIE LINKE. die sofortige Umsetzung folgender Punkte:
1. Lebensstandardsicherung als Ziel der Gesetzlichen Rentenversicherung
(GRV)
Die gesetzliche Rentenversicherung muss
wieder tragende Säule im System der Alterssicherung werden.
Die GRV war seit jeher stark durch ein Entsprechungsverhältnis von Leistung
und Gegenleistung geprägt. Angesichts der
politisch motivierten Senkung des Leistungsniveaus ist zu befürchten, dass diese Systematik durchbrochen wird und die GRV auf ein
reines Basissystem reduziert werden wird. Deshalb
wird als definiertes Sicherungsniveau in der Gesetzlichen Rentenversicherung wieder das Prinzip der Lebensstandardsicherung gesetzlich
festgeschrieben. DurchschnittsverdienerInnen müssen wieder Renten allein aus
der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, die einen deutlichen Abstand
zur Grundsicherung aufweisen. Nach dem Prinzip der Teilhabeäquivalenz bedeutet
dies rund 70 Prozent des Durchschnittseinkommens der Versicherten. Altersarmut
muss vermieden und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichergestellt werden.
2. Beitragssatzdogma aufheben
An die Stelle eines Leistungsziels in der GRV ist die Beitragsorientierung
getreten. Die Beitragssatzhöhe muss sich wieder an dem angestrebten Leistungsniveau
orientieren und nicht umgekehrt, das Leistungsniveau an der definierten Beitragssatzhöhe.
Die Begrenzung des Beitragssatzes auf 20 Prozent bis 2020 - beziehungsweise
22 Prozent bis 2030 - nutzt allein den Arbeitgebern; die Arbeitnehmer/innen müssen bereits heute zur Wahrung einer
Lebensstandard sichernden Altersversorgung einen
insgesamt höheren Anteil für die gesetzliche und die private Vorsorge aufbringen, als er bei einer paritätischen Finanzierung im Rahmen
einer sozialen Erwerbstätigenversicherung für das Jahr 2030 erforderlich
wäre. Statt der einseitigen Entlastung der Unternehmen wollen wir diesen Trend stoppen: Alle Erwerbstätigen sowie
die Millionen von Rentnerinnen und Rentner müssen
wieder an den Produktivitätsfortschritten und damit am gesellschaftlichen Wohlstand beteiligt werden.
3. Abschaffung sämtlicher
Kürzungsfaktoren
Damit eng verbunden ist die sofortige
Rücknahme von Riester- und Nachhaltigkeitsfaktor. Die im Zuge der Rente mit 67 geplante „Sicherungsklausel" wird ebenfalls abgelehnt.
Damit wird die Rente wieder so dynamisiert, dass
allen Generationen eine gerechte Teilhabe am gesamtgesellschaftlichen Wohlstand garantiert wird. Wer auf mehr „Eigenvorsorge"
setzt statt auf die solidarische
Umlagenfinanzierung, trägt dazu bei, die wachsende Ungleichheit in der Solidargemeinschaft zu vergrößern.
4. Schrittweise Einbeziehung aller
Erwerbstätigen in die GRV und Stärkung des Solidarausgleichs
Wir wollen die Einbeziehung bislang nicht
oder nur unzureichend gesicherter Personen als auch von Personen, die derzeit noch Zugang zu „privilegierten" Sondersystemen
haben, in eine einheitliche soziale Erwerbstätigenversicherung für alle, in
die Arbeitgeber und Arbeitnehmerlnnen paritätisch einzahlen. Damit tragen
wir auch den veränderten Erwerbs- und Lebensbiografien in einer sich immer schneller wandelnden Arbeitswelt Rechnung. Die sozialversicherungsrechtliche
Sonderbehandlung von Mini- und Midi-Jobs
ist zu beenden. Dies stärkt die Solidargemeinschaft innerhalb der GRV und hilft die Beitragsbasis zu stabilisieren. Das Prinzip
Teilhabeäquivalenz ist durch Maßnahmen eines Solidarausgleichs
zu ergänzen. Dazu gehören insbesondere die Höherbewertung der Beitragszeiten für Kindererziehung und Pflege, von Arbeitslosigkeit
und Krankheit und eine Berücksichtigung
der Zeiten für Aus- und Weiterbildung. Um einen Spielraum für den sozialen Ausgleich zu schaffen, sollte die Beitragsbemessungsgrenze schrittweise an- beziehungsweise
längerfristig aufgehoben werden. Die damit verbundenen Rentensteigerungen
werden abgeflacht. Eine soziale Erwerbstätigenversicherung ist für die Versicherten damit nicht nur sozial gerechter,
sondern auch kostengünstiger als das gegenwärtige System.
5. Nein zur Rente mit 67
Mit der Rente mit 67 setzt die Große Koalition
die rot-grünen-schwarz-gelben Rentenkürzungsprogramme nahtlos fort. Solange
keine Möglichkeit für ältere Arbeitnehmerlnnen auf Teilhabe am Erwerbsleben besteht, führt ein höheres gesetzliches Rentenalter zu
mehr Erwerbslosigkeit, deutlich niedrigeren Renten und somit
zu steigender Altersarmut. Deshalb lehnen wir die Rente mit 67 ab. Statt starrer Altersgrenzen benötigen wir die Erleichterung von
flexiblen Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Erwerbsleben
bis zum vollendeten 65. Lebensjahr. Eine starre Altersgrenze wird den verschiedenen Lebenslagen und unterschiedlichen Erwerbsbiografien
der Menschen nicht mehr gerecht. Notwendig
sind die Verlängerung der geförderten Altersteilzeit und der erleichterte Zugang zu den Erwerbsminderungsrenten.
6. Angleichung des Rentenwert Ost an
den Rentenwert West
Die einigungsbedingte Schlechterstellung
der ostdeutschen Rentnerinnen ist aufgrund der angeglichenen Lebenshaltungskosten
nicht mehr zu rechtfertigen. Die Fortführung des jetzigen Anpassungsprozesses hätte zur Folge, dass die Angleichung des aktuellen
Rentenwertes Ost an West nach derzeitigen Schätzungen nicht
vor dem Jahr 2030 erreicht werden könnte. Daher befürwortet DIE LINKE. eine schnellstmögliche steuerfinanzierte Angleichung
der Rentenwerte.
Juni 2007