Dr. Gabriele Cermann, Vorstandsmitglied TIG Strausberg                                                Juli 2010


Information über die Vereinstätigkeit der TIG Strausberg

Am 08.07.2010 hielt Professor Eichhorn, Geschichtsphilosoph und Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften auf der Mitgliederversammlung der TIG Strausberg einen Vortrag zum Thema

Krisenkapitalismus und Entwicklungsperspektiven

Prof. Eichhorn war Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR, Mitglied der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der DDR, Nationalpreisträger.
Der Vortrag und die anschließende Diskussion bildeten
einen Höhepunkt in der Arbeit der ISOR-Gruppe Strausberg.

Im Vortrag wurden vor allem folgende Thesen entwickelt:

 

Schlussfolgerungen für die politische Linke:

In diesem Sinne muss die politische Linke mehr und mehr ihre eigene, kritische, linke Linie erarbeiten, sie ständig überprüfen und weiterentwickeln und für ihre Durchsetzung kämpfen. Das ist umso notweniger, als es das hauptsächliche Bestreben der in Deutschland politisch und ökonomisch herrschenden Kräfte ist, zur „Tagesordnung“ des bestehenden Systems, das ja die Krise hervorgebracht hat, überzugehen oder, genauer gesagt, zurückzukehren zum Status quo ante, sofern dieser – beispielsweise im Hinblick auf viele Aktivitäten von Banken – überhaupt verlassen wurde. Daher hat es bisher gegen die Krise und gegen neoliberale Herrschaftsformen gerichtete, sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Maßnahmen nicht gegeben. Es bedarf eben einer grundsätzlich anderen, demokratischen Orientierung, welche die Lebens- und Zukunftsinteressen der menschlichen Gesellschaft zur Geltung bringt. Über den prinzipiellen Gegensatz dieser Orientierungen darf man sich keine Illusionen machen. Wirkliche Maßnahmen zur Krisenbewältigung sind nicht möglich, wenn man – wie Lenin kurz vor der Oktoberrevolution gelegentlich sagte - Angst hat, Schritte zum Sozialismus zu gehen. (Die drohende Katastrophe und wie man sie bekämpfen soll, Werke Bd. 25) Es gilt aber auch umgekehrt: Schritte zum Sozialismus sind nur möglich, wenn linke Positionen in allen technisch-ökonomischen, finanzorganisatorischen, bildungspolitischen, rechtlichen usw. Fragen, die mit der Krise verbunden sind, kontinuierlich erarbeitet und durchgesetzt werden. Das ist eine umfassende Problemstellung, für die die politische Linke bisher wahrscheinlich nicht hinreichend vorbereitet ist.

Dafür ist es auch erforderlich, Vorstellungen von den Triebkräften, den Trägerschichten, von den Gesetzlichkeiten und den Perspektiven der gesellschaftlichen Erntwicklung neu zu durchdenken. Die überlieferte Begrifflichkeit muss auf ihre Tragfähigkeit unter den veränderten Bedingungen geprüft werden. Vor allem muss man wissen, welche außerordentlichen konstruktiven aber auch destruktiven Entwicklungsmöglichkeiten die heutige Produktivkraftrevolution in sich birgt, um zu klären, welche ökonomischen, finanziellen, rechtlichen und kulturellen Verhältnisse gestaltet werden müssen, die eine Produktivkraftentwicklung zum Wohle aller ermöglichen.

Diskussionsthemen in der Mitgliederversammlung:

- Handelt es sich um eine Krise des kapitalistischen Systems, die als Systemkrise die
  Frage nach einem Umbruch des gesellschaftlichen Systems auf die Tagesordnung rückt,  
  wenn ja,
- welche subjektiven Kräfte sind in der Lage, diesen Umbruch herbeizuführen?
- Gibt es noch das Proletariat als revolutionärer Kraft?
- Wie ist der Systemwandel 1990 zu werten, „friedliche Revolution“ oder Konterrevolution?
- Kann man analog zu den so genannten Kondratjew’schen Wellen eine nächste   
  Revolution vorhersagen?

Die Diskussionsteilnehmer äußerten sich sehr faktenreich und überzeugend zu den mit dem Vortrag aufgeworfenen Fragestellungen.
Dieser Veranstaltung zu hochaktuellen Fragen unserer Zeit wünschen die Versammlungsteilnehmer, die Mitglieder des Vorstands der TIG Strausberg eine thematische Fortsetzung.